→Themengruppe                     →Gedichte, alphabetisch                     →Druckformat (pdf)

The Prelude (1805), Book VIII (216-311)

                                        ... nor were tales
Wanting, – the tragedies of former times,
Of hazards and escapes, which in my walks
I carried with me among crags and woods
And mountains; and of these may here be told
One, as recorded by my household Dame.


    At the first falling of autumnal snow
A shepherd and his son one day went forth
(Thus did the Matron’s Tale begin) to seek
A straggler of their flock. They both had ranged
Upon this service the preceding day
All over their own pastures and beyond,
And now, at sun-rise sallying out again
Renewed their search begun where from Dove Crag –
Ill home for bird so gentle – they looked down
On Deep-dale Head, and Brothers-water, named
From those two brothers that were drowned therein.
Thence, northward, having passed by Arthur’s Seat,
To Fairfield’s highest summit; on the right
Leaving St. Sunday’s Pike, to Grisedale Tarn
They shot, and over that cloud-loving hill,
Seat Sandal (a fond lover of the clouds);
Thence up Helvellyn, a superior mount
With prospect underneath of Striding Edge,
And Grisedale’s houseless vale, along the brink
Of Russet Cove, and those two other coves,
Huge skeletons of crags, which from the trunk
Of old Helvellyn spread their arms abroad,
And make a stormy harbour for the winds.
Far went those shepherds in their devious quest,
From mountain ridges peeping as they passed
Down into every glen; at length the boy
Said, ‘Father, with your leave I will go back,
And range the ground which we have searched before.’
So speaking, southward down the hill the lad
Sprang like a gust of wind, crying aloud
‘I know where I shall find him.’








                                               ‘For take note,’
Said here my grey-haired Dame, ‘that though the storm
Drive one of these poor creatures miles and miles,
If he can crawl he will return again
To his own hills, the spot where, when a lamb,
He learned to pasture at his mother’s side.’
After so long a labour, suddenly
Bethinking him of this, the boy
Pursued his way towards a brook whose course
Was through that unfenced tract of mountain-ground
Which to his father’s little farm belonged,
The home and ancient birth-right of their flock.
Down the deep channel of the stream he went,
Prying through every nook; meanwhile the rain
Began to fall upon the mountain tops –
Thick storm and heavy which for three hours’ space
Abated not – and all that time the boy
Was busy in his search until at length
He spied the sheep upon a plot of grass,
An island in the brook. It was a place
Remote and deep, piled round with rocks where foot
Of man or beast was seldom used to tread;
But now, when everywhere the summer grass
Had failed, this one adventurer, hunger-pressed,
Had left his fellows, and made his way alone
To the green plot of pasture in the brook.
Before the boy knew well what he had seen
He leapt upon the island with proud heart
And with a prophet’s joy. Immediately
The sheep sprang forward to the further shore
And was borne headlong by the roaring flood.
At this the boy looked round him, and his heart
Fainted with fear; thrice did he turn his face
To either brink; nor could he summon up
The courage that was needful to leap back
Cross the tempestuous torrent; so he stood,
A prisoner on the island, not without
More than one thought of death and his last hour.









    Meanwhile the father had returned alone
To his own house; and now at the approach
Of evening he went forth to meet his son,
Conjecturing vainly for what the boy
Had stayed so long. The shepherd took his way
Up his own mountain grounds, where, as he walked
Along the steep that overhung the brook
He seemed to hear a voice, which was again
Repeated, like the whistling of a kite.
At this, not knowing why (as oftentimes
Long afterwards he has been heard to say)
Down to the brook he went, and tracked its course
Upwards among the o’erhanging rocks, nor thus
Had gone he far, ere he espied the boy
Where on that little plot of ground he stood
Right in the middle of the roaring stream,
Now stronger every moment and more fierce.
The sight was such as no one could have seen
Without distress and fear. The shepherd heard
The outcry of his son, he stretched his staff
Towards him, bade him leap – which word scarce said
The boy was safe within his father’s arms.

Das Präludium (1805), Buch VIII (216-311)

                   ... auch an Geschichten
Mangel war nicht, – Tragödien aus der
vergangnen Zeit, von Wagnissen und Rettung,
die trug ich mit auf meinen Wanderungen
inmitten Fels und Wald und in den Bergen.
Von diesen eine möcht ich hier erzählen,
wie überliefert von der Pflegemutter.

Der erste Herbstschnee fiel; an jenem Tag
da brachen auf ein Schäfer und sein Sohn
(so hat die alte Dame angefangen),
ein Schaf zu suchen, das versprengt war von
der Herde. Schon am Vortag waren sie
umhergestreift bei dieser Suche, erst
auf allen eignen Weiden, dann noch weiter.
Und jetzt bei Sonnenaufgang brachen sie
erneut auf, machten auf zur Suche sich.
Vom Dove Crag – kaum wohl Heim so sanfter Vögel –
der Blick ins Deepdale ging, zum Brothers-Water,
das so benannt nach jenen beiden Brüdern,
die einst darin ertranken. Arthur’s Seat
links liegend lassend ging es weiter nordwärts
zum höchsten Punkt des Fairfield, dann rechts
vorbei an dem St. Sunday’s Pike voran
zum Grisedale Tarn sie stürmten, über den
Seat Sandal, jene Wolken liebende
Erhebung (ganz vernarrt in Wolken ist sie),
noch weiter aufwärts zum Helvellyn, den
erhabnen Berg mit Blick hinab auf jenen Grat,
das Striding Edge, hinab zum Talgrund auch
des häuserlosen Grisedale und entlang
es ging am Rand des Russet Cove und den
zwei andren Kesseln, – Berge, die vom Rumpf
Helvellyns wie mit riesenhaften Knochen
die Arme strecken aus und so den Winden
anbieten einen sturmgeplagten Hafen.
Die Schäfer liefen weit auf ihrer Suche
mit manchem Hin und Her, von Kamm und Kanten
sie spähten im Vorübergehn hinab
in jedes schmale Tal und schließlich sagt
der Junge: „Vater, bitte lasst zurück
mich gehn und das Gebiet erneut durchstreifen,
wo wir schon früher suchten.” Darauf gleich
der Bursche wandte südwärts sich und sprang
den Berg hinunter wie ein Windstoß, laut
noch rufend: „Wo ich’s finden kann, ich weiß!”

„Beachte”, so sagte hier die Dame mit
den grauen Haaren, „dass, obwohl der Sturm
so arme Tiere Meil um Meile treibt voran,
wenn’s sich dahin nur schleppen kann, es wird
zurück auch kehrn zu den vertrauten Hügeln,
den Plätzen, wo als Lamm an seiner Mutter Seit
es grasen lernte.” Nach so langer Suche voll
der Mühe plötzlich sich besann der Bub
darauf und nahm den Weg zu einem Bach,
des Lauf in dem Bereich der Bergweid lag,
die eingezäunt nicht war, jedoch auch zu
des Vaters kleinem Hof gehörte als
ein Einstand ihrer Herde nach dem Recht
der Erstgeburt. Hinab in die vom Wasser
tief in das Tal geschnittne Rinne stieg
der Junge, schaut hinein in jeden Winkel.
Inzwischen fing es an, zu regnen auf
den Bergen oben, schwer Gewittersturm
dabei, der über einen Zeitraum von
drei Stunden sich nicht legte, und der Bub
die ganze Zeit war eifrig auf der Suche,
bis endlich er auf einem Flecken Gras
das Schaf erspäht auf einer Insel in
dem Bergbach. Dieser Platz war abgelegen,
tief unten, aufgetürmt ringsum der Fels,
wo selten Mensch und Tier den Fuß setzt hin,
doch jetzt, wo allerorten Sommergras
zu Ende, dieser eine Abenteurer
hatte – der Hunger trieb ihn –die Genossen
verlassen und sich aufgemacht allein
zu jenem grünen Fleckchen Weide in
dem Bach. Bevor der Junge so recht wusste,
was er gesehn, er sprang hinüber gleich
auf diese Insel, voller Stolz und mit
der Freude des Propheten. Doch das Schaf
sofort sprang weiter, hin zum andren Ufer
und wurd kopfüber von der lauten Flut
davongetragen. Da der Junge schaut
sich um und jetzt die Angst ihn überkam;
dreimal nach jeder Uferseite er
hinüberblickte, doch er hatte nicht
den Mut, der nötig war, zurückzuspringen
über den ungestümen Sturzbach. Dort
er stand, gefangen auf der Insel, mehr
als einmal mit Gedanken an den Tod
und seine letzte Stunde.

Inzwischen war der Vater schon allein
zurückgekehrt nach Haus, und als es jetzt
bald Abend wurde, ging er wieder fort,
um seinen Sohn doch irgendwo zu treffen,
umsonst mutmaßend, was den Bub hielt fern
so lang. Der Schäfer nahm den Weg hinauf
zum Berg auf eignem Grund, und da, als er
am Absturz ging entlang, der steil zum Bach
abfällt, erschien es ihm, als wiederholt
er hörte eine Stimme, klagend wie
das Pfeifen einer Gabelweihe. Hin
auf diesen Ton und ohne schon zu wissen,
weshalb, so hörte man ihn später sagen,
stieg er hinab zum Bach und suchte sich
den Weg bachaufwärts zwischen Fels
mit Überhängen; weit war er noch nicht
gekommen, als er da den Jungen sah,
stehend auf jenem kleinen Flecken Erde
inmitten eines tosend Wasserstroms,
der nun von Augenblick zu Augenblick
noch stärker und noch wilder wurde.
Es hätte keiner diesen Anblick wohl
ertragen, ohn’ Bedrückung, ohne Furcht.
Der Schäfer hört den Aufschrei seines Sohns,
streckt zu ihm aus den Schäferstab, befiehlt:
„Jetzt spring!” und kaum war es gesagt, da lag
der Junge sicher in des Vaters Armen.